Was ist Tierschutz hierzulande eigentlich noch wert? - Landestierschutzverband Baden-Württemberg
Was ist Tierschutz hierzulande eigentlich noch wert?
von Redaktion LTschV-BW

Was ist Tierschutz hierzulande eigentlich noch wert?

Die Bundesregierung plant aus rein agrarwirtschaftlichen Interessen eine Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration, obwohl diese grausame Praxis eigentlich schon längst verboten sein müsste.

Tierärzte, Wissenschaftler und Tierschützer sind empört, denn längst gibt es tierschonende Alternativen. Auch der baden-württembergische Landesbeirat für Tierschutz hat sich in seiner letzten Sitzung einstimmig gegen die Fortsetzung der betäubungslosen Kastration von Ferkeln ausgesprochen.
Im Dezember will der Bundestag über das Schicksal von Millionen Ferkeln endgültig entscheiden. Die Bundestagsabgeordneten sind aufgefordert dieser „erlaubten Tierquälerei“ endlich ein Ende zu setzen.

Seit 2002 ist der Schutz der Tiere über Artikel 20 a im Grundgesetz verankert und wurde damit zur Staatszielbestimmung. Im Grundsatz des Tierschutzgesetzes steht ganz klar, dass niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen darf. Das Abschneiden der Hoden und Samenstränge neugeborener Ferkel bei vollem Bewusstsein ist zweifelsohne ein höchst schmerzhafter Eingriff, der demnach so keinesfalls mehr durchgeführt werden dürfte.
Obwohl das Tierschutzgesetz derartige „Amputationen“ eigentlich schon lange verbietet, wurde den Schweinezüchtern hierzulande 2013 noch eine fünfjährige Übergangsfrist eingeräumt, um alternative Methoden in der Schweinemast zu etablieren. Doch nichts ist passiert.
Die längst bestehenden - und weltweit in vielen Ländern bereits etablierten - Alternativen (Immunokastration mittels Impfung, Ebermast, Kastration unter Narkose und anschließender Schmerzmittelgabe) werden von der Agrarindustrie als zu teuer und daher nicht praktikabel abgelehnt. Stattdessen fordert die Agrarlobby jetzt von der Politik die Erlaubnis zu einer Verlängerung dieser Tierquälerei über eine entsprechende Änderung des Tierschutzgesetzes.


Stefan Hitzler, Vorsitzender des Landestierschutzverbandes fragt sich was „Tierschutz“ in Deutschland eigentlich noch bedeutet: „Fünf Jahre Zeit, um neue Wege zu gehen und statt endlich, aus der betäubungslosen Kastration von Ferkeln auszusteigen, ignoriert die Regierungskoalition das Tierschutzrecht und plant durch eine Gesetzesänderung eine Verlängerung um weitere zwei Jahre. Hier werden die wichtigsten Tierschutzgrundsätze ohne Zögern rein wirtschaftlichen Interessen untergeordnet. Was bedeuten gesellschaftliche Werte wie Tierschutz hierzulande eigentlich, wenn sie immer wieder hinter wirtschaftlichen Interessen zurücktreten müssen?“
Dabei gibt es triftige Argumente gegen die vorgesehene Verlängerung. So vertritt die Tierärzteschaft mehrheitlich die Auffassung, dass die Immunokastration eine ausgesprochen gute und praktikable Lösung darstellt.
Auch das renommierte FLI (Friedrich Löffler Institut) kommt in einer aktuellen Stellungnahme zu dem Schluss, dass die Impfung gegen Ebergeruch, der tierschutzfachlich beste Weg ist.
Anerkannte Rechtsexperten halten eine weitere Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration sogar für verfassungswidrig, da andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen.
Und nicht zuletzt die Tierschützer verweisen auf längst praxisreife Alternativmethoden. Die Tierschutzverbände gehen noch einen Schritt weiter und setzen sich schon seit langem dafür ein, neue Wege in der so genannten „Nutztierhaltung“ einzuschlagen und auf Manipulationen an Tieren, mit dem Ziel, sie an nicht tiergerechte Haltungssysteme anzupassen, endlich zu verzichten. Stattdessen sollten die Haltungssysteme gemäß den Bedürfnissen der Tiere umgestaltet werden.


Sogar die Mitglieder im baden-württembergischen Landesbeirat für Tierschutz haben sich in ihrer letzten Sitzung am 25. Oktober hinter einen Beschlussvorschlag des Landestierschutzverbandes gestellt und einstimmig dafür plädiert, die betäubungslose Ferkelkastration - wie vorgesehen - zum 31.12.2018 zu beenden und einer Aufweichung des Tierschutzgesetzes nicht zuzustimmen.
Stefan Hitzler nimmt dieses Votum aus aktuellem Anlass erneut auf und fordert mit Nachdruck von den Bundestagsabgeordneten, die letztendlich in dieser Sache entscheiden werden:


„Recht darf nicht vor Unrecht weichen! Tieren unnötige Schmerzen zuzufügen, um 3 – 5 € pro Tier zu sparen, ist für eine moderne, fortschrittliche und gebildete Gesellschaft nicht akzeptabel. Als Bundestagsabgeordnete fordern Sie von den Bürgern Werte zu leben? Sie stimmen nun aktiv über Werte ab – zeigen Sie, dass Tierleid nicht durch wirtschaftliche Interessen gedeckt werden darf – stimmen Sie gegen diese Verlängerung. Es ist Zeit JETZT damit aufzuhören“.

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